Elektromobilität Das neue Normal

Von Edgar Schmidt

Damit E-Autos wirklich praxistauglich werden, brauchen sie akzeptable Reichweiten, zuverlässige Akkus und attraktive Lademöglichkeiten. Audi verfolgt ein Konzept, das genau diese Wünsche erfüllen soll.

Autos, die über Stecker laden, sollen künftig zum neuen Normal bei der individuellen Mobilität werden.
Autos, die über Stecker laden, sollen künftig zum neuen Normal bei der individuellen Mobilität werden.
(Bild: Audi)

Fehlender Zugang zu einer Ladesäule, mangelnde bzw. keine verlässliche Reichweite, lange Ladezeiten und Angst vor zu früh versagenden Antriebsakkus: Das sind häufig Gründe für Autofahrer, derzeit noch kein E-Auto zu fahren.

Da sich inzwischen viele Autohersteller dazu entschlossen haben, den Verbrennungsmotor in kommenden Jahren zum Alteisen zu deklarieren, müssen sie an der Alltagstauglichkeit des E-Antriebs arbeiten, um den Übergang vom Verbrenner zum E-Motor für die Kunden so angenehm wie möglich zu machen. Audi hat bei einem Presseworkshop im Juni gezeigt, welche Punkte die Ingolstädter dafür besonders im Auge haben.

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An vorderster Stelle steht dabei natürlich der Antriebsakku. Denn hier sowie beim Akkumanagement können sich die Hersteller noch gut von ihren Wettbewerbern unterscheiden. Und je praxistauglicher die Akkus sind, desto größer ist die Akzeptanz der Kunden für batterie­elektrische Fahrzeuge.

Schwarz-rot-goldene Akkus

Das Ziel der Entwickler ist eine gute Kombination aus Reichweite und Ladeperformance. Denn wie so oft bei einer technischen Entwicklung führt auch hier ein Fortschritt in der einen Disziplin zu einem Nachteil in der anderen. Deshalb übernimmt Audi die Auslegung und Entwicklung der Batteriezellen selbst.

Dr. Bernhard Rieger, Zellexperte im Audi Batterietechnikum im bayerischen Gaimersheim, erläutert, dass dabei die Farben Schwarz, Rot und Gold eine wichtige Rolle spielen. Aber nicht, weil das Batterietechnikum in Deutschland steht. Diese Farben zeigen den Entwicklern nämlich auch den Ladezustand einer Batteriezelle an – allerdings nur unter dem Mikroskop.

Denn beim Laden lagern sich Lithi­um-Ionen in der Anode aus Grafit ein. Das Grafit ändert dabei – je nach Ladezustand – seine Farbe. Im entladenen Zustand ist es schwarz, im halbgeladenen Zustand wird es rot und im vollgeladenen Zustand golden. Dadurch können die Entwickler den Ladezustand auch optisch beurteilen. Elektroden werden nämlich nicht gleichmäßig aufgeladen. Dort, wo die meisten Lithium-­Ionen sind, lädt sich die Elektrode am schnellsten auf.

In einer idealen Anode würde sich die Farbe an jeder Stelle gleich verändern. Das wäre allerdings nur in einer extrem dünnen Elektrode möglich, die kaum Energie speichern kann. „Die Kunst beim Schnellladen von Lithium-Ionen-Zellen besteht in einer präzisen Stromregelung, um die Anode an den goldenen Stellen nicht zu überladen, denn das würde zu einer schnellen Alterung führen“, sagt Rieger.

Der Zielkonflikt der Entwickler ist deshalb, dass sie in dem zur Verfügung stehenden Einbauraum einerseits so viel Energie wie möglich speichern möchten. Das gelingt über möglichst dicke Elek­troden. Andererseits soll sich der Akku so schnell wie möglich laden lassen, wofür möglichst dünne Elektroden von Vorteil sind. Deshalb investieren die Zellexperten viel Zeit in die optimale Ansteuerung der Zellen und die Stromregelung.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Thermomanagement. Denn nur wenn die Batteriezellen die richtige Temperatur haben, lassen sie sich auch schnell laden. Bei zu kalten und bei zu warmen Zellen muss das Batteriemanagement die Ladegeschwindigkeit drosseln, um den Akku zu schonen. Für die Auslegung eines Antriebsakkus und die dazu passende Ladeperipherie für ein neues E-Automodell brauchen die Entwickler inklusive aller Dauerhaltbarkeitstests nach eigener Aussage rund vier Jahre.

Denn um ihre Serientauglichkeit zu beweisen, müssen die Zellen im Einzelnen und auch das Batteriesystem als Ganzes zahlreiche Prüfungen bestehen. Für jedes Fahrzeugprojekt führt der Hersteller dabei unterschiedliche Lebensdauer- und Schnellladetests mit mehreren Hundert Zellen durch.

Diese müssen dabei zum Beispiel in Kältekammern unterschiedliche Lade- und Lastprofile bei Temperaturen von minus 30 Grad Celsius bis plus 60 Grad Celsius durchlaufen. Um Alterungseffekte der Zellen einschätzen zu können, werden sie zudem rund ein Jahr lang hohen Temperaturen ausgesetzt. Damit reproduziert der Hersteller eine Lebensdauer im Fahrzeug von bis zu 15 Jahren.

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Mit Lebensdauerprüfständen stellt er darüber hinaus nach eigenen Angaben Laufleistungen von rund 300.000 Kilometern beschleunigt nach. Als Ergebnis solcher Entwicklungen lassen sich beispielsweise die Zellen der 93 kWh großen Hochvoltbatterie des Audi E-Tron GT Quattro laut Werksangaben unter Idealbedingungen mit bis zu 270 kW Leistung in 22,5 Minuten von 5 auf 80 Prozent aufladen.

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