DAT-Studie Kilometerfresser oder Heimarbeiter?

Von Johannes Büttner

Die Zahl der zugelassenen Fahrzeuge in Deutschland wächst und wächst. Wer im Stau steht, hat den Eindruck, dass auch die Straßen immer voller werden. Doch fahren die Deutschen wirklich mehr?

Im Durchschnitt legten die Pkw-Halter 2021 so wenige Kilometer wie noch nie in diesem Jahrhundert zurück.
Im Durchschnitt legten die Pkw-Halter 2021 so wenige Kilometer wie noch nie in diesem Jahrhundert zurück.
(Bild: DAT)

Deutschlands Autofahrer legen immer weniger Kilometer zurück – und das kann nicht nur mit den aktuell hohen Spritpreisen zusammenhängen. Die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) hat nämlich die Daten der letzten Jahre unter die Lupe genommen und dabei festgestellt: Schon seit 2019 weist der Trend eindeutig nach unten, also seit Zeiten, in denen ein Liter Benzin oder Diesel noch für deutlich unter zwei Euro zu haben war.

Ob für den Rückgang der Jahresfahrleistung 2021 die anhaltende Corona-Situation mit ihren Rahmenbedingungen wie Kontaktbeschränkungen, Kurzarbeit und Homeoffice verantwortlich war oder ob sie bereits Anzeichen eines veränderten Mobilitätsbewusstseins ist, können auch die Automobilexperten der DAT nicht abschließend beantworten.

Fakt ist: Laut DAT-Report legten die deutschen Pkw-Halter 2021 im Schnitt 13.180 Kilometer zurück. Das waren insgesamt vier Prozent weniger als 2020 und sogar zehn Prozent weniger als im Vor-Corona-Jahr 2019. Deshalb schreibt die DAT in ihrer Analyse auch: „Der erneute Rückgang der Jahresfahrleistung ist unter anderem auf die Folgen der Corona-Pandemie zurückzuführen.“ Schließlich habe die Covid-Pandemie zumindest in einigen Berufsgruppen den Trend zur Arbeit im Homeoffice deutlich verstärkt. Und wer kaum noch zum Arbeitsplatz fährt, reduziert ganz automatisch seine Fahrleistung.

Auf der anderen Seite gibt es aber noch jede Menge Erwerbstätige, die kaum oder gar nicht von zuhause aus arbeiten können, zum Beispiel im Handel oder im Handwerk. Diejenigen, die nicht daheim bleiben konnten, legten infolge von Corona sogar mehr – meist kurze – Wege mit dem Auto zurück. Sie verspürten nämlich wenig Lust, in diesen Zeiten öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen.

 Vielfahrer mit Diesel 

Der Report beleuchtet nicht nur die durchschnittliche Fahrleistung, sondern liefert auch aufgeschlüsselte Ergebnisse, zum Beispiel nach der Antriebsart. Hier bestätigen die Besitzer von Diesel-Pkws ihren Ruf als Vielfahrer. Sie legten 2021 im Schnitt 16.430 Kilometer zurück, während die Halter von Benzinern nur auf 11.530 Kilometer kamen. Fahrer alternativer Antriebsarten bewegten sich mit 14.920 Kilometern dazwischen.

Besonders auffällig ist aber die Tatsache, dass Dieselfahrer trotz der nach wie vor hohen absoluten Zahlen deutlich weniger unterwegs waren als zuvor. Genauer gesagt ging ihre Jahresfahrleistung gegenüber dem Jahr 2020 um 5,6 Prozent zurück, gegenüber den vorpandemischen Zeiten gar um fast 20 Prozent. Der Grund dafür nach Einschätzung der DAT: Diesel-Besitzer sind oft im Außendienst oder Vertrieb tätig, pendeln zur Arbeit oder legen berufsbedingt lange Strecken zurück. Durch Corona wurden Videokonferenzen zum normalen Kommunikationsmedium, was zwar den persönlichen Kontakt nicht ersetzen kann, aber oftmals doch eine Dienstreise oder die Fahrt ins Büro überflüssig macht.

Wer nun glaubt, die Diesel-Fahrer seien eine aussterbende Art und damit vernachlässigbar, sollte sich die Bestandszahlen ansehen. Zwar war 2021 nur noch jeder fünfte Neuwagen mit einem Selbstzünder ausgestattet, doch im Bestand erreicht der Diesel noch immer einen Anteil von fast einem Drittel aller in Deutschland zugelassenen Pkws.

Eine unterschiedliche Kilometerleistung weisen auch die verschiedenen Pkw-Segmente auf: Besitzer kleinerer Autos legen schon immer eher weniger Kilometer zurück. Das gilt auch in der heutigen Zeit. Die Halter von Kleinst- und Kleinwagen kommen aktuell auf durchschnittlich 9.200 beziehungsweise 10.200 Kilometer pro Jahr. Die untere Mittelklasse bewegt sich mit 13.130 Kilometern auf Durchschnittsniveau, die Vans (14.000 km) spielen in einer ähnlichen Liga. Das zahlenmäßig größte Pkw-Segment der SUV/Geländewagen liegt bei 14.400 Kilometern und damit schon spürbar über dem Mittelwert. Getoppt wird es noch von den Haltern der Mittelklasse (14.900 km) und der oberen Mittelklasse (15.800 km). Mit Autos aus diesen Segmenten sind bekanntlich viele Fahrer unterwegs, die berufsbedingt viele Kilometer zurücklegen.

 Weniger Reparaturen 

Doch was bedeuten all das für die Kfz-Betriebe? Die Fahrleistung hat Auswirkungen auf das Werkstattgeschäft. Ein Auto, das weniger bewegt wird, unterliegt einem geringeren Verschleiß und ist seltener in Unfälle verwickelt. Zahlen aus dem DAT-Report bestätigen diesen logischen Zusammenhang: Parallel zur Jahresfahrleistung ist in den letzten Jahren auch der Anteil an Reparaturarbeiten zurückgegangen. So wurden 2021 nur noch 0,41 Reparaturen pro Pkw durchgeführt, 2020 waren es 0,44. Der Trend der letzten Jahre zeigt noch viel deutlicher nach unten – über die letzten 20 Jahre hinweg hat sich der Wert halbiert.

So drastisch ist der Rückgang der Jahresfahrleistung nicht, doch auch diese ist klar rückläufig. Zwar führen noch andere wichtige Faktoren dazu, dass Autos heute seltener in die Werkstatt kommen als vor 20 Jahren, beispielsweise eine bessere Verarbeitung, Haltbarkeit und Ausstattung der Pkws. Dennoch „ist der Zusammenhang von reduzierten Kilometern und niedriger Reparaturquote plausibel“, schreibt die DAT.

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