Fahrzeugtechnik Verrückte Antriebe

Von Edgar Schmidt

Immer wieder hat der Glaube an neue technische Entwicklungen in der Autoindustrie zu Ideen geführt, die aus heutiger Sicht verrückt wirken. Damals passten sie jedoch in den Zeitgeist.

Gleich zwei Gasturbinen sollten im Konzeptfahrzeug Jaguar C-X75 den Strom für den E-Antrieb produzieren.
Gleich zwei Gasturbinen sollten im Konzeptfahrzeug Jaguar C-X75 den Strom für den E-Antrieb produzieren.
(Bild: Jaguar Landrover)

Was treibt unsere Autos in Zukunft an? Diese Frage stellen sich die Ingenieure und Manager in der Automobilin­dustrie schon seit Beginn der Automobilentwicklung. Sie hat zu einer ganzen Reihe von ungewöhnlichen Ideen geführt.

Die meisten davon sind jedoch nicht über den Proto­typenstatus hinausgekommen, andere haben es zumindest in eine Kleinserie geschafft. Manche haben zudem Chancen, den Durchbruch doch noch zu schaffen, wie der Kreiskolbenmotor, die Brennstoffzelle oder der Wasserstoff-Verbrennungsmotor.

Propeller und Gasturbinen

Während in den Anfangstagen des Automobils bereits Verbrennungs- und E-Antriebe gegeneinander konkurrierten, nutzten einige Erfinder den Hype um die damals aufkommende Flugzeugtechnik, um mit Autos auf sich aufmerksam zu machen, die mit einem Propeller angetrieben wurden. Erstens konnten sie sich damit optisch von Wettbewerbern abheben und zweitens brauchten sie durch die Propellertechnik keine der damals noch schwer zu bedienenden Kupplungen und auch keine Gangschaltung – es gab schließlich noch keine synchronisierten Gänge.

Darüber hinaus sparten sich die Konstrukteure jegliche mechanische Verbindung zu den Rädern. Das machte die Autos billiger und leichter. Dass sich der Erfolg dennoch in Grenzen hielt, liegt daran, dass die Propeller-Autos sehr laut waren und die Fahrer bei offenen Karosserien immer im Luftzug des Propellers saßen. Außerdem waren solche Antriebe nicht sehr effizient und obendrein sehr gefährlich für alle anderen Verkehrsteilnehmer. Denn die Propeller liefen meist ohne Schutzeinrichtung und mit hoher Drehzahl. Kein Wunder also, dass sich diese Form des Autoantriebs nicht durchsetzen konnte.

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Auch nach dem Zweiten Weltkrieg hatten einige Entwickler die Idee, die durch den Krieg immer weiter verbesserte Flugzeugtechnik auf das Auto zu übertragen. Sie wollten jedoch keine Propeller, sondern die damals relativ neuen Gasturbinen nutzen. So entwickelte zum Beispiel Rover Ende der 1940er- sowie in den 1950er- und 1960er-Jahren mehrere Modelle mit diesem Antrieb. Der Prototyp „Jet1“ hatte 1950 in der ersten Variante eine Turbine mit einer Leistung von gerade einmal 74 kW und erreichte damit eine Höchstgeschwindigkeit von 136 km/h.

Doch schon 1952 steigerte der englische Hersteller die Leistung der Turbine auf 169 kW und fuhr mit dem Wagen mit 243,5 km/h den Geschwindigkeitsrekord für turbinengetriebene Fahrzeuge ein. Bis zur Serienreife hat es diese Antriebstechnik bei Rover allerdings nicht geschafft. Ein hoher Verbrauch und eine fehlende Motorbremswirkung waren unter anderem Gründe für das Aus.

Etwas weiter brachte Chrysler diese Technik. Eine Vorheizung der Ansaugluft sollte den Verbrauch zügeln und die Abgastemperaturen senken. 50 Fahrzeuge des Modells „Turbine“ gab der Hersteller sogar für einen dreimonatigen Test an Kunden heraus. Doch die Ergebnisse waren in Bezug auf die Alltagstauglichkeit wohl so ernüchternd, dass das Engagement nicht weiter verfolgt wurde.

Auch Volvo experimentierte mit der Gasturbine. Hier sollte das Ag­gregat das Fahrzeug aber nicht direkt antreiben. Die Schweden stellen 1992 das Environmental Concept Car (ECC) vor, unter dessen Haube ein Hybridantrieb mit einer Gasturbine als Antrieb für einen Generator in­stalliert war. Dieser produzierte den Strom für den E-Antrieb. Die gleiche Idee griff Jaguar im Jahr 2009 noch einmal auf. Die Konzeptstudie C-X75 hatte einen E-Antrieb mit vier Radnabenmotoren, bei dem gleich zwei kleine Turbinen als Range Extender Strom für den Vortrieb produzierten. Doch auch hier ist es bei einem Konzept geblieben.

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