Nachwuchsgewinnung Das Praktikum ist das A und O

Von Johannes Büttner Lesedauer: 3 min

Warum schneidet das Kfz-Gewerbe in der Ausbildungsstatistik 2022 überdurchschnittlich gut ab? Und wird sich dieser Trend künftig fortsetzen? ZDK-Geschäftsführerin Birgit Behrens gibt Antworten.

Im Kfz-Gewerbe wurden 2022 mehr Ausbildungsverträge unterzeichnet – trotzdem darf die Branche bei der Nachwuchswerbung nicht nachlassen.
Im Kfz-Gewerbe wurden 2022 mehr Ausbildungsverträge unterzeichnet – trotzdem darf die Branche bei der Nachwuchswerbung nicht nachlassen.
(Bild: Volz - Promotor)

Frau Behrens, im Jahr 2022 hat die Zahl der neuen Ausbildungsverträge für Kfz-Mechatroniker um 4,3 Prozent zugelegt, bei den Automobilkaufleuten sind es sogar 8,4 Prozent. Hat der Ausbildungsmarkt die Corona-Krise endgültig überwunden?

Birgit Behrens: Wir sind mit den Zahlen zufrieden und ich denke, dass wir die Krise überwunden haben. Sehr hilfreich war, dass unsere Betriebe wieder so mutig sind, Berufsorientierung und Praktikumsplätze anzubieten. Deshalb möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bei unseren Innungsbetrieben bedanken. Außerdem haben die Autohäuser und Kfz-Werkstätten während der Corona-Krise neue, digitale Formate zur Bewerber-Rekrutierung etabliert. Das hat insgesamt gut funktioniert, auch wir als Verband haben an dieser Stelle Unterstützungsarbeit geleistet.

Birgit Behrens ist ZDK-Geschäftsführerin für den Bereich Berufsbildung.
Birgit Behrens ist ZDK-Geschäftsführerin für den Bereich Berufsbildung.
(Bild: ZDK)

Branchenübergreifend ist der Ausbildungsmarkt laut Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) nur um 0,4 Prozent gewachsen. Was macht das Kfz-Gewerbe besser als andere?

Behrens: Da ist an erster Stelle unser Produkt zu nennen: Das Auto fasziniert nach wie vor viele junge Menschen, sie möchten es haben und sich damit auskennen. Unsere Branche befindet sich in einem spannenden Innovations- und Transformationsprozess, der den Jugendlichen attraktive Chancen bietet. Wir wissen aber auch, dass wir uns nicht auf den Erfolgen ausruhen dürfen, sondern immer gute Arbeit leisten müssen. Deshalb haben wir zum Beispiel unseren digitalen Werkzeugkasten zum Recruiting und unseren Betriebefinder entwickelt und bauen diese Angebote weiter aus. Unser Ziel ist es, in der Ansprache junger Menschen dem Markt immer einen Schritt voraus zu sein.

Besonders beklagt das BIBB, dass die Zahl der ausbildungsinteressierten Jugendlichen zurückgeht und Betriebe deswegen ihre Stellen nicht mehr besetzen können. Leidet auch die Kfz-Branche unter dieser Entwicklung?

Behrens: Die Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler wird kleiner, das bekommen natürlich auch wir zu spüren: Die Zahl der eingehenden Bewerbungen wird kleiner. Zudem sehen sich die Jugendlichen einer Vielzahl von Angeboten gegenüber. Viele wissen noch nicht, was sie wollen; sie sind auf der Suche nach dem, was für sie richtig ist. Bei einigen ist eine Beschäftigung im Kfz-Gewerbe genau das richtige, aber das wissen sie heute noch nicht.

Was können Betriebe tun, um trotzdem auch in Zukunft noch genügend Azubis zu finden? Und wie werden sie dabei von der Verbandsorganisation unterstützt?

Behrens: In der aktuellen und zukünftigen Situation ist es wichtiger denn je, dass ein Betrieb in Sachen Recruiting gut aufgestellt ist. Dazu gehört zum Beispiel eine Karriereseite, die leicht zu finden ist. Der Verband unterstützt die Unternehmen über die Initiative AutoBerufe – Zukunft durch Mobilität. Die Initiative legt in diesem Jahr ihren Schwerpunkt auf das Betriebspraktikum, das bekanntlich besonders unter der Pandemie gelitten hat. Wir befragen und informieren die Jugendlichen zu diesem Thema über Social Media – beispielsweise über TicToc-Videos à la „In drei Schritten zum Kfz-Praktikum“. Parallel versorgen wir natürlich auch die Betriebe sowie Eltern und Lehrer mit allen Informationen rund um das Betriebspraktikum. Außerdem produzieren wir neue Videos über unsere Berufe, die wir über Social Media verbreiten.

Lohnt es sich vielleicht, auch neue Zielgruppen ins Visier zu nehmen, beispielsweise Jugendliche mit schlechteren Schulnoten?

Behrens: Das Praktikum ist das A und O in der Bewerbersuche. Wenn ein junger Mensch hier einen guten Eindruck hinterlässt, sollten möglicherweise schlechte Noten kein Ausschlusskriterium für einen Ausbildungsplatz sein. Vielmehr kann man überlegen, wie man gegebenenfalls Unterstützung leisten kann. Hier gilt die Devise: „Wichtig ist nicht, wo du herkommst, sondern wo du hinwillst.“ Wir sollten aber auch die Abiturienten nicht aus den Augen verlieren. Gerade erst hat eine Studie der Bertelsmann-Stiftung gezeigt, dass immer mehr Menschen mit Hochschulreife eine duale Berufsausbildung beginnen. Deshalb lohnt es sich für Kfz-Betriebe, auch mit Gymnasien zusammenzuarbeiten. Etwa in Form von Schulkooperationen.

Während bei angehenden Automobilkaufleuten die Frauenquote knapp 40 Prozent beträgt, liegt der Anteil weiblicher Azubis beim Kfz-Mechatroniker bei 4 Prozent. Was kann die Branche tun, um auch diesen Beruf für Mädchen und junge Frauen attraktiver zu machen?

Behrens: An diesem Thema müssen wir immer weiter dranbleiben. Zum Beispiel können wir in unserem Marketing darstellen, dass unsere Berufe und Karrierewege auch für Frauen attraktiv sind. Letztendlich können und wollen wir es uns nicht erlauben, auf das Potenzial von Mitarbeiterinnen zu verzichten.

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