Verbesserte Diagnosekompetenz bei E-Autos

Von Edgar Schmidt Lesedauer: 3 min

Der Wandel der Antriebstechnik hin zur Elektromobilität ist in vollem Gange. Doch wie lassen sich die E-Antriebe den Azubis näher bringen? Unter anderem diese Frage führte bei der Handwerkskammer Bremen zu dem Projekt Diakom-E. Es vermittelt Diagnosekompetenz für E-Autos mit einem neuen Ansatz.

Mit dem Projekt Diakom-e soll die Aus- und Weiterbildung an Hochvoltfahrzeugen künftig verbessert werden.
Mit dem Projekt Diakom-e soll die Aus- und Weiterbildung an Hochvoltfahrzeugen künftig verbessert werden.
(Bild: Schmidt - VCG)

Elektroantriebe sind zwar grundsätzlich einfacher aufgebaut als die herkömmlichen Antriebe mit Verbrennungsmotor. Doch wenn es darum geht, die Vorgänge in einem solchen Antrieb für ein fundiertes Diagnosewissen zu vermitteln, stoßen herkömmliche Vermittlungsverfahren schnell an ihre Grenzen. Schließlich kann man schlecht in die vielen Black-Boxes hineinschauen, durch die sich der Strom von der Batterie bis zum Antriebsmotor und umgekehrt bewegt.

Dieser Umstand brachte das Kompetenzzentrum der Handwerkskammer Bremen auf die Idee, ein Schulungsfahrzeug für die überbetriebliche Unterweisung zu entwickeln, mit dem sich die elektrischen, elektronischen und softwaretechnischen Prozesse für die Auszubildenden visualisieren und erfahrbar machen lassen. Da ein solches Projekt für eine Handwerkskammer allein zu groß ist, haben sich die Bremer Unterstützung vom Institut Technik und Bildung der Universität Bremen (ITB) sowie vom Lehrstuhl für Technikdidaktik der Universität Siegen geholt. Gefördert wurde das Projekt Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie vom Bundesinstitut für Berufsbildung.

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Bei der Suche nach einem möglichen E-Fahrzeug für das Vorhaben wurde den Projektteilnehmern schnell klar, dass sich die Projektziele nur schwer mit einem serienmäßigen E-Auto erreichen lassen. Schließlich sollte am Ende ein möglichst transparentes Fahrzeug verfügbar sein, an dem sich beispielsweise sämtliche Steckverbindungen diagnostizieren lassen sollten. Denn hier verbirgt sich der häufigste Fehlergrund in einem E-Auto. Auch die Diagnose von Isolationsfehlern sollte sich an dem Auto anschaulich durchführen lassen. Also entschied man sich, ein geeignetes Auto mit Verbrennungsmotor zu suchen und auf einen E-Antrieb umzurüsten. Die Wahl fiel auf einen Artega GT. Der Umbau erfolgte dann immer wieder auch mit Azubis, die begeistert an dem kleinen roten Sportwagen gearbeitet haben. Eine Schwierigkeit dagegen war, dass die Umbauphase genau in die Corona-Pandemie sowie die Lieferschwierigkeiten bei Elektronikbauteilen fiel. Dennoch hat es das Team um Projektleiter Jörg Schäfer geschafft, innerhalb des Projektzeitraumes von drei Jahren ein praxistaugliches Schulungsfahrzeug auf die Räder zu stellen.

Selbstbestimmtes Lernen

Der Wagen gewährt aber nicht nur einen Einblick in die Details eines E-Antriebs, er ist auch eingebunden in ein besonderes didaktisches Konzept. Um einen möglichst hohen Praxisanteil bei der Vermittlung der notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten zu erreichen, erarbeiten sich die Azubis die Kompetenzen in Gruppen weitgehend selbstbestimmt mit Hilfe von sogenannten Lern- und Arbeitsaufgaben. Die Trainer bzw. Lehrer stehen ihnen dabei moderierend zur Seite.

Dafür haben die Projektteilnehmer die Arbeitsprozesse an einem E-Auto detailliert analysiert und eine Arbeitsprozessmatrix erstellt. Anhand dieser Matrix können nun sehr praxisnahe Arbeitsaufgaben beispielsweise in Form von Werkstattaufträgen erstellt werden, mit denen sich die Azubis ein Thema erarbeiten und gleichzeitig wichtige Punkte lernen können. „Das erleichtert den Transfer des erlernten Wissens in die Werkstatt, da die Lernsituation und die spätere Anwendungssituation ähnlich sind“, erläutert Nils Petermann, technischer Mitarbeiter am ITB. Dieser Ansatz basiert auf dem Konzept der Kompetenzwerkstatt des ITB und des Instituts für technische Bildung und Hochschuldidaktik der TU-Hamburg.

Prof Dr. Ralph Dreher vom Lehrstuhl für Technikdidaktik der Universität Siegen ergänzt, dass der gewählte Ansatz die Gestaltungskompetenz der Lernenden fördert, anstatt ihnen einfach nur Fachwissen zu vermitteln. „Denn es geht bei der Vermittlung von Kompetenzen nicht mehr ums Auswendiglernen, sondern darum, dass die Lernenden situationsabhängig agieren können.“ Wichtig sei es, Arbeitsprozesswissen zu vermitteln anstelle von trockenem Fachwissen.

Motivierende Ergebnisse

Gerade das selbstbestimmte erarbeiten von Lerninhalten kam bei den Gruppen, die bisher nach diesem Konzept unterrichtet wurden, sehr gut an. Nach ersten Analysen zeigten sie in fast allen Bewertungskriterien bessere Ergebnisse als bei Gruppen, die nach herkömmlichen Methoden unterrichtet wurden. Unter anderem war die Motivation, sich mit den Diagnoseaufgaben auseinanderzusetzen stark gestiegen und die Lernenden konnten gut Realbezüge zur Situation herstellen und in den Diagnoseablauf einbetten. Diese Ergebnisse sind zwar laut Dreher noch nicht repräsentativ, würden aber eine klare Tendenz zeigen.

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Da Diakom-e ein öffentlich gefördertes Projekt war, stehen die Projektergebnisse allen Interessierten zur Verfügung. „Wir werden auf der Website des Projektes nach und nach im „OER-Bereich“ Informationen zum Aufbau des Schulungsfahrzeugs und zu den Lern- und Arbeitsaufgaben einstellen“, sagt Projektleiter Jörg Schäfer. Das Projektteam will sich zudem dafür einsetzen, dass die Hochvoltausbildung künftig ein größeres Gewicht in der Überbetrieblichen Unterweisung bekommt, da dieses Thema immer wichtiger werde.

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