Gesetzliche Unfallversicherung Neue Stufen für Hochvolt
Die bisherige Basis für die Hochvoltausbildung stammte aus dem Jahr 2012. Mit der gerade erschienenen neuen DGUV-Information 209-093 steht nun ein zeitgemäßes Regelwerk bereit. Es beinhaltet ein neues Stufenmodell für die unterschiedlichen Arbeiten an Hochvoltfahrzeugen.

Es hat am Ende doch ziemlich lange gedauert: Schon seit 2020 konnte man auf Fachveranstaltungen die wichtigsten Änderungen der neuen DGUV-Information 209-093 gegenüber der seit 2012 geltenden Version 200-005 erfahren. Allerdings zog sich die Veröffentlichung des freigegebenen Textes noch bis Juli 2021 hin. Doch nun steht dem Kfz-Gewerbe endlich ein abgespecktes Regelwerk zur Verfügung, das besser auf die Arbeit in Kfz-Werkstätten abgestimmt ist.
Die Information hat die DGUV (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V.) erarbeitet, in Kooperation mit dem Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) und unter Einbeziehung von Automobilherstellern und -importeuren sowie weiteren Verbänden.
Zwei wesentliche Änderungen sind in den Text eingeflossen:
- Es wird nicht mehr explizit zwischen HV-eigensicheren und nicht HV-eigensicheren Fahrzeugen unterschieden, da der Prozess der Spannungsfreischaltung bei beiden ähnlich ist.
- Es gibt ein neues Stufenmodell für Qualifizierungsmaßnahmen im Servicebereich und neue Bezeichnungen für die Hochvolt-Fachkundigen.
Des Weiteren beschreibt die DGUV-Information, wie Unternehmerinnen und Unternehmer auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung das sichere Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvolt-Systemen organisieren können und wie sie den notwendigen Qualifizierungsbedarf für Arbeiten an diesen Fahrzeugen bestimmen.
Die auf Grundlage der abgelösten Regelung erworbenen Befähigungen bleiben selbstverständlich weiter in Kraft. So entspricht die/der bisherige „Fachkundige für HV- eigensichere Systeme“ nach DGUV- Information 200-005 jetzt der „Fachkundigen Person für Arbeiten an Hochvoltsystemen im spannungsfreien Zustand“ (FHV) nach DGUV-Information 209-093.
Das heißt aber nicht, dass die HV-Experten nach einer einzigen Schulung für alle Zeit ohne Weiterbildung an E-Autos schrauben sollten. Die DGUV hebt ausdrücklich hervor, dass die Fachkenntnisse durch regelmäßige Schulungen auf dem aktuellen Stand zu halten sind. Sie schreibt allerdings nicht vor, in welchem zeitlichen Rhythmus diese stattfinden sollten.
Vier-Stufen-Modell
Eine größere Klarheit bringt der neue Text bei den Bezeichnungen für die unterschiedlichen Befähigungsstufen mit sich. Bislang sprachen viele von Hochvolt-Experten der Stufen 2 und 3, meinten aber eigentlich die Stufen 3.1 und 3.3. Und auch Abkürzungen wie EuP (Elektrisch unterwiesene Person) wurden nicht immer korrekt verwendet.
Ab sofort gibt es in der Hochvoltausbildung folgende Stufen:
- S: Sensibilisierte Person; diese ist in den bestimmungsgemäßen Gebrauch von Hochvoltfahrzeugen eingeführt. Sie darf Servicearbeiten erledigen, die auch ein Fahrer oder die Fahrerin selbst erledigen können, etwa Scheibenwischerblätter wechseln oder Wischwasser auffüllen.
- 1S: Fachkundig unterwiesene Person (FuP); sie darf allgemeine Arbeiten am Fahrzeug durchführen, die nicht unmittelbar das HV-System betreffen. Dazu zählen zum Beispiel Karosseriearbeiten, Öl- und Radwechsel oder Arbeiten an der konventionellen Bremsanlage. Erlaubt sind auch Arbeiten in der Nähe von HV- Leitungen sowie Arbeiten am konventionellen Bordnetz.
- 2S: Fachkundige Person (FHV) für Arbeiten an HV-Systemen im spannungsfreien Zustand; diese Person kann selbstständig und sicher an diesen Systemen arbeiten. Dazu gehören alle Arbeiten an einem spannungsfreien System und dessen Komponenten. Außerdem ist die FHV in der Lage, den spannungsfreien Zustand entsprechend den „Fünf Sicherheitsregeln“ und den Herstellerangaben herzustellen. Eine FuP darf Arbeiten an einem spannungsfreien HV-System nur unter Aufsicht einer FHV durchführen.
- 3S: Fachkundige Person für Arbeiten an unter Spannung stehenden HV-Komponenten; dieser Experte darf Arbeiten an unter Spannung stehenden HV-Systemen durchführen, zum Beispiel wenn das Fahrzeug nicht spannungsfrei geschaltet oder die Spannungsfreiheit nicht festgestellt werden kann. Er darf zudem Arbeiten an Energiespeichern durchführen, also beispielsweise Akkumodule austauschen.
In der Ausbildung enthalten
Bereits im Jahr 2013 wurde bekanntlich beschlossen, dass Kfz-Mechatroniker mit erfolgreichem Ausbildungsabschluss die Befähigung erlangen, die Spannungsfreiheit an HV-eigensicheren Fahrzeugen herzustellen und die Spannungsfreiheit mit geeigneten Messmitteln selbstständig festzustellen. Jeder seither ausgebildete Kfz-Mechatroniker besitzt also „automatisch“ die Qualifikation 2S (FHV). Das ist in der neuen DGUV-I 209-093 auch klar festgehalten. Azubis, die ihre Ausbildung im Schwerpunkt „System und Hochvolttechnik“ erfolgreich abgeschlossen haben, besitzen die Qualifikation nach Stufe 3S.
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