Fahrzeugstudien Das 1-Liter-Auto
Ihre Vorstellungen von neuartigem Automobildesign zeigen die Hersteller gerne mithilfe von Studien. Dabei entsteht manch imposantes, aber auch manch skurriles Gefährt. In lockerer Folge stellen wir hier solche vor. Diesmal widmen wir uns der Marke Volkswagen.

Immer wieder präsentieren Automobilhersteller aufregende Designstudien, um damit auf sich aufmerksam zu machen, beispielsweise auf Automessen. Die Designer nutzen diese Arbeiten gern dazu, um ausgetretene Pfade zu verlassen und Neues zu wagen, um ihrer Kreativität ohne jegliche Zwänge freien Lauf zu lassen. Das ist oft auch der Grund dafür, dass diese Studien nach den Messen schnell wieder in den Archiven der Hersteller verschwinden.
Ganz selten kommt eine solche Studie dann doch auf den Markt. Ein Beispiel dafür ist der „XL1“ von VW, vor neun Jahren das erste serienmäßige 1-Liter-Auto. Ein Grund dafür war, dass es ein Prestigeprojekt des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden und späteren Aufsichtsratschefs Ferdinand Piech war.
In seiner ersten Version war der XL1 noch eine reine Konzeptstudie, mit der Volkswagen im Jahr 2002 demonstrieren wollte, wie sich die Entwickler ein Auto vorstellen, das einen Normverbrauch von weniger als einem Liter auf 100 Kilometer hat. Bei dieser ersten Version waren die beiden Sitzplätze für eine möglichst strömungsgünstige Karosserieform hintereinander angeordnet.
Piech, damals noch VW-Chef, reiste mit diesem Auto 2002 werbewirksam zur Hauptversammlung an und hatte dabei einen Durchschnittsverbrauch von lediglich 0,89 Liter auf 100 Kilometer. Danach hatte VW den Ehrgeiz, dieses Konzeptauto wirklich als Serienfahrzeug zu bringen. Angeblich träumte Piech sogar von einer Großserie.
Auf den Markt kam dann zwischen 2014 und 2016 eine Kleinserie von 200 Fahrzeugen zu einem Preis von jeweils 111.000 Euro. Die Sitze waren nun leicht versetzt nebeneinander angeordnet und die Insassen konnten durch zwei große Flügeltüren einsteigen. Ansonsten ähnelte der XL1 der Konzeptstudie sehr deutlich.
Effizienter Antrieb
Angetrieben wird der an einen Supersportwagen erinnernde, rund 3,9 Meter lange Wagen von einem Plug-in-Hybrid mit einem 0,8-Liter-Zweizylinder-TDI-Motor (35 kW/48 PS), einem E-Motor (20 kW/27 PS), einem 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe und einer Lithium-Ionen-Batterie mit einer Kapazität von 5,5 kWh. Dank der guten Aerodynamik mit einem cw-Wert von 0,189 und einem Leergewicht von 795 Kilogramm lag der Normverbrauch bei 0,9 Liter auf 100 Kilometer.
Wie effizient der Antrieb arbeitet, zeigen auch folgende Zahlen: Laut Werksangaben reichen dem XL1 gerade einmal 6,2 kW/8,4 PS, um eine konstante Geschwindigkeit von 100 km/h zu fahren. Und im Elektrobetrieb genügen dem XL1 weniger als 0,1 kWh für mehr als einen Kilometer Fahrstrecke.
Abgeleitet hat VW den Zweizylinder-TDI vom 1,6-Liter-Vierzylinder-TDI. Dadurch hat der Motor die gleichen innermotorischen Maßnahmen zur Emissionssenkung: also zum Beispiel speziell geformte Kolbenmulden, Mehrfacheinspritzung und die Ausrichtung der jeweiligen Einspritzstrahlen. Die Abgasreinigung erfolgt über Abgasrückführung, Oxidationskatalysator und Dieselpartikelfilter. Damit unterschreitet der Zweizylinder die Grenzwerte der Euro-6-Abgasnorm.
Einfache Ausstattung
Trotz des hohen Preises muss der Fahrer aus Gewichtsgründen auf Komfortausstattungen wie Servolenkung und elektrische Fensterheber verzichten. Auch die Schalldämmung ist aus diesem Grund nicht besonders üppig, sodass der Diesel im Innenraum deutlich zu vernehmen sein soll.
Nicht nur diese Details und die lediglich 1,153 Meter hohe Karosserie schränken die Praxistauglichkeit des XL 1 ein. Damit der Dieselmotor immer effizient läuft, braucht er alle 5.000 Kilometer frisches Leichtlauföl. Deshalb stehen die meisten Fahrzeuge der komplett verkauften Auflage wahrscheinlich – wie viele Exoten – bei Sammlern in Garagen und sind nur selten auf der Straße zu sehen.
Der ein oder andere XL1 findet aber immer wieder den Weg in die Gebrauchtwagenportale. Ende Juni standen beispielsweise bei Mobile.de drei Exemplare zum Verkauf, zu Preisen zwischen 119.000 Euro und 159.899 Euro und mit Laufleistungen von 34 Kilometern bis 25.268 Kilometer.
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